Aleksandras siebter Blick über die Betriebsgrenze

Weil sie so schön sind: Noch mehr Standard-I

Einer der Letzten
Bei der Firma Wilde überlebte bis Anfang der 1990er Jahre einer der raren MAN-Büssing SL 195. Und auch unter den SL 195 war dieser wie alle für Berlin gelieferten Busse dieses Typs etwas Besonderes. Regulär erhältlich war der Typ Büssing BS 110 SL bzw. MAN-Büssing SL 195 wie er ab 1972 hieß entweder mit dem Fünfzylinder-Dieselmotor U 10 D5 oder dem großen Sechszylinder U 11 D. Die Motorleistung betrug 176 PS oder 192 PS je nach Kundenwunsch bei dem "kleinen" Motor und 185 PS oder 195 PS bei der 11-Liter Maschine. Berlin bekam jedoch eine Extrawurst: Altbrauchbare Motoren aus abgestellten D2U-Doppeldeckern bekamen ein zweites Leben geschenkt. Es handelte sich dabei um Sechszylinder-Motoren vom Typ U 10 (ohne D und 5!) mit 150 PS. In Berlin hörte dieser Bus auf die Betriebsnummer 2931 und die Legende sagt, wenn die Frau vom Chef nicht interveniert hätte, hätte dieser Bus sogar noch die VRR-"StadtLinie" Lackierung bekommen...

Ü 18
Ü 18 ist das magische Kürzel für alle MAN SG 192-Fans. Es bedeutet übrigens nicht, dass das der Bus zum Aufnahmezeitpunkt über 18 Jahre alt war, er war zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre (Bj. 1977, Aufnahme 1993). Mit Ü 18 war in der Typenbezeichnung die Buslänge codiert. Unter den 1403 gebauten MAN SG 192 war er die selten gestreute Version.

Rheinseitenwechsel
1996 verstärkte die Duisburger Verkehrsgesellschaft ihren Fuhrpark mit 15 gebraucht aus Krefeld beschafften Gelenkbussen. Sie alle waren vom Typ MAN SG 220 und entstammten aus verschiedenen Bauserien. Neun Busse des Baujahres 1979 waren in der alten Krefelder Ausführung mit creme-farbenen Lack und der VÖV-Front versehen, die übrigen sechs waren in der neuen Krefelder Lackierung gehalten und besaßen eine Stülb-Front. Mit Baujahr 1983 gehörten sie zu den ganz spät gebauten Vertreten ihres Typs. Da die Krefelder Betriebsnummern prima in das Duisburger System passten, durften sie alle ihre alte Betriebsnummer behalten. Duisburg 5685 war somit der ehemalige KREVAG-Wagen 5685 von 1983.

MAN SA 220 ?

Selbstverständlich nein, aber passen täte es! MAN Standard-Anderthalbdecker mit 220 PS. Die m.E. gelungensten Anderthalbdecker baute Ludewig als Spätwerke 1976 für die Verkehrsbetriebe Minden-Ravensberg. Minden wollte als einziger Verkehrsbetrieb noch nicht auf die Altenessener Großraumbusse verzichten. Geeignete Unterflurmotor-Chassis waren als Serienprodukt im Hause MAN, welches 1972 das Büssing-Erbe übernahm, nicht mehr erhältlich und so kreierte MAN von seinem Gelenkbus-Typ SG 220 eine Abart. Das Konstrukt bekam die Bauartnummer 296 und als Typenbezeichnung SG 220 mit dem Suffix F für Fahrgestell. Es wurde 1976 in fünf und 1978 nochmals in 3 Exemplaren* den Aufbauherstellern zugänglich gemacht. Von den fünf Ludewig Exemplaren waren die KOM 91 und 93 Zweitürer, die KOM 94, 95 und 97 wurden als Dreitürer mit Schaffnersitz an der hinteren Tür geliefert.

Apropos Schaffnersitz. Die VMR waren nicht nur der letzte Betrieb, der Anderthalbdecker einsetzte, auch der Fahrgastfluß mit hinten sitzenden Schaffner wurde hier bis in die 1990er Jahre beibehalten. Als letztes erhielt der Betrieb MB O 405 G Standardgelenkbusse der zweiten Generation mit Schaffnersitz! Von den Ludewig SG 220 F überlebten erfreulicherweise zwei Exemplare und warten auf ihre Restaurierung.
* siehe auch den Vetter-Anderhalbdecker im zweiten Blick über die Betriebsgrenze

Fahrkomfort auf hohem Niveau
Die Schnäppchen-Firma Ruoff krönte ihren exotischen Fuhrpark mit zwei Doppeldeckern. Es waren MAN SD 200 mit Doppeldeckaufbauten der Berliner Waggon-Union. Sie waren Musterfahrzeuge für Lieferungen in den fernen Osten. Den örtlichen Gegebenheiten entsprechend, brauchte keine Rücksicht auf niedrige Unterführungen Rücksicht genommen werden und die Fahrzeuge hatten eine Maximalhöhe von 4,40 Metern. Ruoff konnte eine Ausnahmegenehmigung erwirken, die einen Einsatz der überhohen Fahrzeuge auf einer Linie gestattete. Anpassungsarbeiten an den Bussen führte seinerzeit die Fellbacher Firma Vetter durch.

Magirus, der Lange

Auch Magirus-Deutz versuchte sich am Gelenkbusbau. Zwischen 1980 und 1982 entstanden 39 Omnibusse des Typs 260 SH 170. Ähnlich dem MAN SG 240 H waren es Heckmotorfahrzege, bei denen der Antrieb nach vorne durch das Gelenk geführt wurde und auf die Mittelachse wirkte. Mit 13 Fahrzeugen war die zur Westfälischen Verkehrsgesellschaft gehörige Regionalverkehr Ruhr-Lippe das Unternehmen mit der größten SH 170-Flotte.


Magirus, der Lange, Teil II
Auch der Verkehrsbetrieb der Geburtstätte aller Magirus-Deutz Standardbusse, Mainz, gehörte zu den wenigen SH 170-Kunden. Neun derartige Fahrzeuge wurden 1981 an die Stadtwerke Mainz geliefert, die sie mit den Betriebsnummern 421 bis 429 versah.

Magirus, der Lange, Teil III
Nachdem die RLG offenbar gute Erfahrungen mit den 260 SH 170 gemacht hatte, erwarb auch der ebenfalls zur WVG gehörige Regionalverkehr Münsterland sechs derartige Fahrzeuge. Magirus kam mit seinem Gelenkbus zu spät. Mercedes-Benz hatte bereits den Dauerbrenner O 305 G im Programm, die zahlreichen MAN-Kunden konnten noch zwischen Unterflur-SG 220 oder Heckmotor-SG 240 H wählen und für die wenigen Magirus-Kunden in Deutschland lohnte wohl eine Fertigung nicht mehr. Magirus-Deutz stellte 1982 die Omnibusfertigung ein. Von den SH 170 wurden bis dahin noch etliche Busse für die Halde gebaut. Erst 1984 wurden die letzten Exemplare verkauft.

MB O 307 im Sonntagsstaat
Für Einsätze im ausgedehnten Überlandliniennetz ließen sich die Stuttgarter Straßenbahnen besonders komfortable Busse bauen. Beim Hoflieferanten Vetter entstanden von 1978 bis 1981 75 Aufbauten auf der Bodengruppe des MB O 307. Vom Busbahnhof gleich neben dem Stuttgarter Hbf waren sie über einen Zeitraum von 15 Jahren nicht wegzudenken.

Typisch Vetter
Und wieder ein Beitrag zum Thema Stuttgarter Bastelbusse. Was der gezeigte Bus so genau für ein Typ ist, wird wohl auf ewig ein Geheimnis bleiben. Fest steht, dass dies einer der wenigen Schubgelenkbusse aus dem Hause Vetter ist. Zu 99% ist dies sogar eines der Exemplare, welches ursprünglich einer der "umgekehrten" Gelenkbusse war. Vetter wollte Ende der 1970er Jahre unbedingt einen Schubgelenkbus auf die Räder stellen. Um die Patente der Knickschutzsteuerung zu umgehen, krempelte man mal eben das Gelenkbus-Prinzip um. Auf einen Zweiachsigen Motorwagen sattelte man vorne einen Einachsigen Vorläufer auf. Die Achse dieses Teils sowie die erste Achse des zweiten Teils waren lenkbar ausgeführt. Es versteht sich fast von selbst, dass in diesem Falle die Theorie der Praxis unterlegen war. Die fast unfahrbaren Busse wurden eilig zerschnitten und in herkömmliche Gelenkbusse umgebaut. Und gerade war da ein Kunde, der billig einen Überlandgelenkbus haben wollte. Ihm konnte geholfen werden.